VLBS-Newsletter – November 2015
dbb: Dem Staat fehlen fast 180.000 Mitarbeiter
Auf die durch die hohe Zahl von Flüchtlingen weiter verschärfte Personalnot im öffentlichen Dienst hat der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt hingewiesen. Nach aktuellen Schätzungen des dbb, die auf Zahlen der zuständigen Mitgliedsgewerkschaften des Dachverbandes beruhen, fehlen dem Staat derzeit fast 180.000 Mitarbeiter, sagte Dauderstädt der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Ausgabe vom 17. November 2015). „Die Politik muss umgehend Prioritäten setzen und für eine aufgabengerechte Personalausstattung sorgen", forderte der dbb Chef.
„Ob im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), in der Bundesagentur für Arbeit (BA) oder den Jugendämtern – überall wird derzeit fieberhaft neues Personal gesucht“, schreibt die Zeitung. Mit Blick auf Tausende neue Stellen, die im BAMF geschaffen werden sollen, sagte Dauderstädt: „Erste Personalentscheidungen sind zu begrüßen, kommen aber zu spät und lassen ein dringend erforderliches und dauerhaft tragfähiges Gesamtkonzept vermissen.“
Vor allem Länder und Kommunen benötigten zusätzliche Unterstützung. Dies gelte sowohl kurzfristig für die Registrierung und Unterbringung als auch langfristig für die Integration der Asylberechtigten. Den größten Personalbedarf sieht der dbb bei den Kommunalverwaltungen mit fast 130.000 Stellen, darunter auch bei Feuerwehren und Erziehern. So seien etwa die Berufsfeuerwehren allerorten damit beschäftigt, Zelte und Unterkünfte bereit zu stellen, elektrische und Wasserversorgung zu installieren oder Feldbetten zu transportieren. Aber auch beim BAMF, in der Polizei von Bund und Ländern sowie in Schulen, im öffentlichen Gesundheitsdienst, in Jobcentern und Arbeitsagenturen und in der Justiz würden Tausende Mitarbeiter mehr gebraucht.
(dbb-aktuell Nr. 41/2015)
dbb-Saar
Bei dem Spitzentreffen mit der saarländischen Landesregierung hat Ewald Linn, Landes-vorsitzender des dbb-Saar, mit Blick auf den anhaltenden Flüchtlingszustrom nochmals gefordert, den geplanten Abbau von 2.400 Stellen im öffentlichen Dienst zu überprüfen und anzupassen. Bei den Lehrern wurde bereits nachgebessert, 130 zusätzliche Kräfte werden eingestellt. Beschäftigte seien aber auch in anderen Bereichen an ihre Grenzen gekommen, zitiert die „Saarbrücker Zeitung“ (Ausgabe vom 14. November 2015) Linn. Vor allem bei der Polizei, im Landesverwaltungsamt und in der Justiz. „Alleine die 1.250 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bedeuten eine Menge Arbeit, weil sie durch die Amtsgerichte vormundschaftlich erfasst werden müssen.“ Diese Mehrbelastung gehe nur eine Zeit lang gut. „Die Politik muss Lösungen finden“, so Linn.
BLBS stellt fest: Volle Hörsäle – leere Werkbänke!
Auf der einen Seite müssen Universitäten mit einem eklatanten Platzmangel kämpfen und wie es die Technische Universität München z. B. tut, zu einer „restriktiven Zulassungs-politik“ übergehen. Auf der anderen Seite haben Handwerks- und Industriebetriebe kaum noch Chancen, ihre offenen Lehrstellen zu besetzen. „Darauf hat der BLBS schon seit langem in vielen Veröffentlichungen hingewiesen und ein Umsteuern in der Bildungspolitik gefordert“, so Eugen Straubinger, Bundesvorsitzender des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS).
Die Entwicklung weg von der betrieblichen Ausbildung hin zum Hochschulstudium ist im Augenblick kaum zu bremsen und wird sich in Zukunft auch fortsetzen. Das belegt auch eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die besagt, dass die Unternehmen in 15 Jahren mit 80.000 Lehrlingen weniger auskommen müssen. Dabei lässt die demografische Entwicklung schon jetzt erahnen, dass die Anzahl der Schulabgänger gewaltig sinken wird. Für die Betriebe wird es dann noch eklatanter, Lehrlinge zu finden, wenn das Studium der Ausbildung noch weiter den Rang abläuft.
Der BLBS fordert daher:
- Die Berufsorientierung muss in allen allgemeinbildenden Schulen erheblich ausgebaut und die Jugendlichen frühzeitig auf die über 300 anerkannten nicht-akademischen Ausbildungsberufe hingewiesen werden.
- Schon bei den Elternabenden in den Grundschulklassen muss neben den Beratungslehrern der allgemeinbildenden Schulen verpflichtend der Beratungslehrer der zuständigen beruflichen Schule eingeladen werden. Nur er kann über die vielfältigen Möglichkeiten der berufsschulischen Bildungswege korrekt informieren, die dem Motto folgen: „Kein Abschluss ohne Anschluss“.
Führungskräftekongress Beruflicher Schulen 2015 – „Berliner Thesen“
Auf dem Führungskräftekongress in Berlin wurden zehn Thesen erarbeitet, die für die Zukunft eine wichtige Rolle beim Führen einer beruflichen Schule spielen. Nachfolgend werden die ersten beiden Thesen inhaltlich erläutert. (Quelle: BLBS Aktuell Nr. 97/2015)
These 1: Eine zeitgemäße Führung ist für berufliche Schulen notwendig.
Führungsethik, Visionen von Schule und Bildung, Transparenz und Teilhabe spielen im Konzept einer gelingenden sowie Akzeptanz und Anerkennung erfahrenden schulischen Leitung und Führung eine zentrale Rolle. Von den beruflichen Schulen wird erwartet, dass sie als lernende Organisationen besonders flexibel und schnell auf die Veränderungen der Rahmenbedingungen reagieren. Mit diesem gesellschaftlichen Anspruch an die aktive Gestaltung von Schule werden besondere Anforderungen an die Schulleitungen gestellt, denn diese nehmen eine Schlüsselrolle bei der Personalführung und bei der Steuerung schulischer Entwicklungsprozesse ein.
Hinzu kommen Handlungsfelder wie beispielsweise Unterrichtsentwicklung, Qualitätsmanagement, Personalgewinnung und -entwicklung, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Organisation und Verwaltung.
Das traditionelle Aufgabenfeld und Rollenverständnis hat sich verändert. Schulleiterinnen und Schulleiter agieren nicht weiter als „Primus inter Pares“, sondern konzentrieren sich auf die Wahrnehmung pädagogischer Führungsaufgaben mit dem Ziel der Verbesserung der Unterrichtsqualität. Dazu bedarf es einer veränderten Kultur an Schulen. Pädagogische Führung im Sinne des gestaltenden Führungs- und Leitungshandelns in der lernenden Organisation Schule wird erweitert durch Leadership im Sinne des professionellen Lösens von Problemen.
Damit die Schulleitungen der beruflichen Schulen diesen Herausforderungen in vollem Umfang gerecht werden können, erwarten sie eine vorausschauende und kontinuierliche Professionalisierung ihrer Tätigkeit. Dazu gehört ein klar beschriebenes Profil und mit gut durchdachten Qualifizierungsprogrammen, ein professionelles Personalmarketing, abgestimmt auf unsere Schulform mit unserem Führungsverständnis, das vergleichbar mit dem eines Unternehmens ist. Dieses breite Aufgabenspektrum, das auf einer berufs- und wirtschaftspädagogischen Qualifizierung aufbaut, verlangt eine fundiert angelegte Aus-, Fort- und Weiterbildung der schulischen Führungskräfte.
Forderungen:
Damit auch zukünftig der hohe Stellenwert der beruflichen Bildung in Deutschland gesichert werden kann, ist der Qualifizierung der schulischen Führungskräfte in der Aus-, Fort- und Weiterbildung mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Schulleiterinnen und Schulleiter müssen auch weiterhin aus dem Lehrpersonal rekrutiert werden.
Von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erwarten wir mehr Anerkennung und Wertschätzung der Schulleitungen und ihrer so wichtigen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe.
Zur professionellen Führung beruflicher Schulen werden schon seit Jahren – trotz der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik Deutschland – einheitliche „Führungsverständnis-Merkmale und Ziele“ gefordert, die in einer dazugehörenden Verwaltungsvorschrift gefasst sind, die unter anderem folgende Kriterien beinhalten sollten:
• Führen durch Offenheit und Transparenz hinsichtlich der Entscheidungen, der Ziele und der dazu notwendigen Handlungsschritte;
• Führen durch den Aufbau einer Kommunikationskultur, da die Kommunikation das entscheidende Führungsinstrument ist;
• Führen zur Selbstverantwortung und zur Bereitschaft, Ziele zu setzen und die Ergebnisse zu überprüfen oder überprüfen zu lassen.
These 2: Aktuell und perspektivisch stehen die beruflichen Schulen vor mannigfaltigen Aufgaben.
Die berufliche Bildung steht vor mannigfaltigen Herausforderungen, die sich beispielweise in der in den letzten Jahren stark zugenommenen Studierneigung von Jugendlichen, in den demografischen Veränderungen, in dem Anpassungsdruck an sich immer schneller vollziehende technologische, ökonomische und soziale Entwicklungen dokumentieren. Das drückt sich aber auch in den Fragen der Berufsorientierung und der Berufsvorbereitung, in der Zielsetzung, die Durchlässigkeit im Bildungssystem zu verbessern, in der Forderung nach der perspektivischen Vorbereitung auf das lebensbegleitende Lernen oder in der aktuellen Asyl- und Flüchtlingsproblematik aus.
Eine zentrale Rolle bei all diesen Bildungsproblematiken nehmen die beruflichen Schulen ein. Sie wurden und werden durch den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel wie keine andere Schulform direkt beeinflusst. Den höchsten Stellenwert nimmt hierbei jedoch ohne Zweifel die Frage ein: „Was müssen die Mitarbeiter in der Arbeitswelt der Zukunft können?“
Dabei müssen die beruflichen Schulen sich darauf einstellen, dass sich die Welt und die Anforderungen der Arbeit schneller und oft anders verändern, als es bildungspolitische Bedarfsanalysen vorgeben. Sicher ist nur, dass eine umfassende Bildung – gleich welcher Art – immer notwendiger wird, da sie die Jugendlichen für einen selbstbestimmten Umgang mit diesem Wandel wappnen muss. Die Arbeitswelt ist auf berufsfachliche wie auch akademisch hochqualifizierte Menschen angewiesen. Für beide „Lager“ sind die beruflichen Schulen als Bildungsanstalten großer Qualität der richtige Partner. Der Einbezug in die Weiterentwicklung des Berufslaufbahnkonzepts ist dringend angezeigt, indem die "Verzahnung sekundärer und tertiärer beruflicher Bildung" und die "Konzeptionierung mehrfachqualifizierender Bildungsangebote" deutlicher in den Vordergrund gerückt werden.
Forderungen:
Um auf diese Veränderungen adäquat reagieren zu können, müssen sich die beruflichen Schulen zu Regionalen Kompetenzzentren entwickeln. Mit diesem bildungspolitischen Konzept können auch deutlich erweiterte Handlungs- und Entscheidungsspielräume verbunden werden. Nur so können sie ihren Bildungsauftrag angemessen erfüllen. Ferner müssen die beruflichen Schulen deutlich stärker „gesetzlich“ in der beruflichen Bildung verankert werden, besonders bei der Verzahnung des sekundären und tertiären Bereiches. Schritt für Schritt müssen die beruflichen Schulen bei allen Berufsbildungsangelegenheiten nicht nur virtuell, sondern „de Facto“ den Status des „natürlichen Partners“ erhalten.
|